Wandern: Bruncu Spina & Punta La Marmora

Lieblingstour mit ⭐⭐⭐⭐⭐

Fast 25 Jahre ist Sardinien meine Heimat und erst jetzt und dank dem Virus, der derzeit die Welt beherrscht und mich in arbeitsfreie Zwangspause geschickt hat, habe ich es geschafft, die zwei höchsten Gipfel meiner Lieblingsinsel zu erklimmen. So sitze ich sinnierend unter dem Gipfelkreuz Punta la Marmora, verspeise dabei mein kleines Picknick und bin überwältigt vom panoramastarken Naturschauspiel das mich umgibt. Wie klein auf einmal die Inselwelt zu meinen Füssen.

Vor mir der Hund. Wieder mal sitzt sie direkt über dem Abgrund und lässt, Blickrichtung Osten, die Ohren im Wind baumeln. Mir wird schwummerig beim Anblick von Hund und dem wirklich steilen Steilhang unter ihr. Hypsiphobie ist mein, die Höhenangst und meine mutige Wandertour in die Berge hat mich heute einige Male, einige Überwindung gekostet. Aber Sardinien von Oben, ist definitiv eine Belohnung.

Wandertour vom Refugio S’Arena über den Gipfel des Bruncu Spina zum Gipfel Punta la Marmora

Start & Ziel: Parkplatz S’Arena https://goo.gl/maps/6AVcgLxdEBBnp83d6 am derzeit immer noch (Mai 2021) verlassenen Rifugio. Hier stehen ausreichend Parkplätze zur Verfügung. Ab hier gehts Bergauf, immer den Zeichen des Wanderwegs Sentiero CAI 721 folgend. Rot weiß rote sind die Zeichen die auf Steinen und Schildern den Weg weisen. 

Anfahrt: über Tonara, Desulo oder Fonni

Schwierigkeit: mittel auf lockerem unbefestigten Untergrund
Dauer: 4 – 6 Std. je nach Kondition
Strecke 16 km 
Max Höhe 1.853 m
Höhenmeter auf ⬆️ 560 – 721 Höhenmeter ab ⬇️ 560 – 721 (je nach App)
Kondition mittel  Technik mittel  Erlebnis sehr cool  Landschaft extrem schön


Kurzbeschreibung:

Mittelschwere Wandertour, auch für MTB Singletrail Könner geeignet. Teilweise steile Anstiege und Abstiege auf teilweise lockerem, steinigen Untergrund auf den höchsten Gipfel Sardiniens, den Punta La Marmora. Traumschöne sardische Berglandschaft, pure Natur und überwältigende Ausblicke erwarten Euch. Unterwegs gibt es nur gegen Ende eine Wasserquelle, also ausreichend Trinkwasser einpacken.

Ausstattung & Ausrüstung:

Gutes Schuhwerk mit Profil oder feste Wanderschuhe sind auf dieser Tour ein Muß. Ich habe die Tour Mitte Mai gemacht, es war noch relativ grün und doch schon ziemlich warm. Denkt an ausreichend Wasser, Sonnencreme und Sonnenschutz.

Meine Packliste für Sardinien Tages Wandertouren könnt Ihr hier als pdf Datei downloaden

Macht die Tour bitte nur bei guten Wanderwetter !! Auch in Sardiniens Bergen kann das Wetter schnell wechseln,
dann wird die Tour wegen der steilen Hänge und rutschiger Wege schnell gefährlich.

Leckere Adressen in Tonara

Mein Ausgangsort für die Tour auf das Dach Sardiniens ist das Städtchen Tonara, bekannt für die zuckersüsse Spezialität Torrone (eine Art türkischer Honig), sowie für Brot und diverse Käsespezialitäten vom Schaf und der Ziege. Meine Verpflegung für ein verdientes Picknick am Gipfelkreuz besorge ich mir dort bei lokalen Anbietern. 

Lokale Wurst & Käsespezialitäten – Metzgerei Attilo Sau, Via Su Nuratze 1, Tonara (im Einkaufszentrum) https://g.page/simplytonara?share

Brot – Antico Panificio Todde bei Maria, Via Spano, Tonara, Montag bis Samstag von 8.00 bis 13.00 und 17.00 bis 18.30 – https://goo.gl/maps/xAE1ZQ7mpPHaT2Az8


Nationalpark Golfo di Orosei – Gennargentu

Die Gipfel Bruncu Spina und Punta la Marmora, Ziele meiner heutigen Wandertour, liegen in einem Teil des Parco Nazionale del Golfo di Orosei – Gennargentu. Er ist einer der jüngsten italienischen Nationalparks und mit 73.935 Hektar der größte auf Sardinien

Hier sind wir im wilden Inselherzen, der Barbagia, dem Land der Barbaren, wie es die Römer des wehrhaftes Volkes wegen nannten. Nirgendwo entdeckt Ihr Sardinien ursprünglicher, wilder, vielfältiger. Nirgendwo ist die Schönheit der Landschaft spektakulärer und atemberaubender. Und kriegerisch ist heute hier niemand mehr, im Gegenteil, Gastfreundschaft ist hier heilig.

Erreicht man das von Olbia 100 km entfernte Nuoro in gut einer Fahrtstunde, solltet Ihr für die nächsten 60 km von Nuoro nach Tonara eineinhalb Stunden Fahrtzeit einplanen. Statt Schnellstraße tuckelt man hier über kleine Strässchen, Hügel, Berge, Täler gespickt mit unzähligen Kurven.

Der Nationalpark beginnt südlich von Nuoro, erstreckt sich von dort in Richtung Osten und Süden. Fährt man von Nuoro über die Staatsstraße SS 389, in Richtung Arbatax, liegen linker Hand Dorgali, Orgosolo und Oliena, wo sich der im Sonnenlicht die hellgrau strahlende Bergspitze des Monte Corrasi (1.463 Meter) wie ein Wächter über das Städtchen Oliena erhebt. 

10 km außerhalb Oliena sprudelt die Quelle Su Gologone kraft- und eindrucksvoll aus den dunklen Tiefen ihres Berges Uddé ans Licht und in das kleine Flüsschen das den Lago Cedrino speist. Von Cala Gonone bis Santa Maria Navarrese erstreckt sich der Park am Golfo di Orosei mit steilen Klippen aus Schiefer und Kalkstein.
Hier hat die Natur in Jahrtausenden faszinierende Grotten, Höhlen, Schluchten und tiefe Trichter geschaffen. Ganzjährig ist die Gegend ein Paradies für schwindelfreie Wanderer und Kletterer.

Dort führt der schwierigste Trekkingweg Sardiniens an der Steilküste über glasklarem türkisblauen Meer entlang: Selvaggio Blu lockt Trekkingbegeisterte aus der ganzen Welt nach Sardinien. Der Gola su Gorropu, mit bis zu 500 Metern hohen Felswänden ist eine der tiefsten Schluchten Europas und ebenfalls faszinierendes Naturschauspiel und Wanderziel (Tour folgt).

Rechter Hand der Staatsstraße erheben sich sanft die Gipfel des Gennargentu zum Punta La Marmora. Eine wilde, unberührte Landschaft. Reich an Wasser, Flüssen, Seen und saubere Quellen, die allüberall aus dem Gebirge hervorsprudeln. Der Nationalpark ist grün und im Winter nicht selten tief verschneit. Eine Vielzahl sardischer Wildtiere haben hier ihre Heimat: Mufflons, Hirsche und Wildkatzen. Eindrucksvoll sind Gänsegeier, Habichte, Eleonorenfalken, Steinadler und andere Greifvögel.

Der Nationalpark ist Land der Erzählungen, kleiner, oft abgeschiedener Orte, der Transhumanza, der mit der Herde wandernden Hirten. Hier find, der Einsamkeit der Berge und stummer Gipfel, der stolzen Menschen, tiefverwurzelten Traditionen, schönster Trachten und der sardischen Banditen. Die Landschaft repräsentiert das wilde Herz der Insel, Geheimnisse und Legenden um Menschen und Naturgewalten.


Tourbeschreibung

Von Tonara bin ich an diesem Morgen mit dem Auto Richtung Fonni gestartet. Gut 25 Fahrtminuten durch grüne Bergwälder und bunte Ziegenherden geht es stetig aufwärts dem Startpunkt der Tour entgegen. An der Kreuzung S’Arcu de Tascussi wird der Wald lichter, die Landschaft verändert sich. Bäume werden rar, kurze Grasweiden und Felsen bestimmen jetzt das Landschaftsbild. Geradeaus über die Kreuzung hinweg fahre ich auf einer einsamen Straße der aufgehenden Sonne entgegen. Rechts und links schmücken nun vereinzelt Baumriesen die Wiesenlandschaft. Einige strecken ihre Äste wie Finger in den blauen Himmel, andere schmiegen sich, von Wind und Wetter gebeutelt dem Hang entgegen. Alle jedoch werden wohl ein paar Jahrhunderte unter der Rinde haben. Immer wieder muß ich anhalten und ehrfürchtig fotografieren. Was die in ihrem Leben schon alles gesehen haben?

Auf der linken Seite dann ein eingezäunter Bereich, von schönen hohen Bäumen umgeben. Hier befindet sich die kleine Quelle Funtana Cerinase. Meine Wasserflaschen für die Tour fülle ich hier mit frischem eiskalten Quellwasser.

Weiter der Straße nach erreiche ich nach zwei Kilometern, S’Arena, ein verlassenes Rifugio (Herberge). Niegelnagelneu und offensichtlich direkt ihrem traurigen Schicksal überlassen, macht sie einen verwahrlosten Eindruck. Sehr schade, ich hoffe hier wird irgendwann ein Pächter eine tolle Aufgabe übernehmen.

Ich stelle mein Auto ab und nehme den Wanderweg Sentiero CAI 721 der mit rot-weiß-roten Markierungen gekennzeichnet ist. In einigen Kehren führt er über eine Schotterstraße bergauf und zieht sich dann in Richtung Osten am Hang entlang. Glockengebimmel steigt aus dem Tal zu mir herauf. Weiter vorne hängen ein paar Kühe mit ihren Kälbern lässig auf „meinem“ Wanderweg ab. Ich hoffe, dass sich die Damen und Herren Kuh alleine überlegen mich kampflos durchzulassen. Die Tiere leben hier auf den großen offenen Weideflächen halbwild, können ziemlich schnell rennen und sind auch gewillt ihre Babies vor vermeintlichen Angreifern zu beschützen. Ich habe keine Lust zwischen irgendwelchen Hörnern zu landen. Doch meine Besorgnis ist unbegründet, die sehr netten Kühe trollen sich mitsamt den Kälbern davon und ich habe freie Wanderbahn.

Nach 2 Kilometern endet die Schotterstraße auf einem kleinen Parkplatz. Der Pfad führt nun in Richtung Osten, er wird deutlich schmaler und schlängelt sich in der Ferne durch Felsen bergauf in Richtung des ersten Gipfels den es zu erklimmen gilt: den Bruncu Spina. Die nächste Kuhherde steht und liegt wieder auf meinem Weg, offensichtlich bei einer kleinen Verdauungspause. Aber auch diese netten Wiederkäuer wandern gemächlich aber neugierig davon, sobald ich näher komme. 

Nach einem kleinen Anstieg sind die ersten 120 Höhenmeter überwunden und ich erreiche das hölzerne Wegkreuz des Arcu Artilai. Der verblichene Wegweiser zeigt nun in Richtung Bergauf. Der Pfad wird jetzt steiler und führt durch Felsen hinauf in Richtung des Gipfels des Bruncu Spina. Der Weg ist nicht immer gut zu erkennen, also immer wieder die rot-weiß-rote Wegmarkierung suchen. Rechts geht es nun steil bergab und hier werde ich mich das erste Mal bewußt, dass ich hier und heute mit meiner Höhenangst einiges zu tun bekomme. Wenn ich hier ausrutsche hält mich für einige hundert Meter nichts mehr.

Aber ich fühle mich toll, einfach toll und muß das einfach schaffen. Die Aussicht auf die umliegenden, teils fernen Gipfel, die sich wie die Sichel eines Halbmondes um das rechts unten liegende Tal schmiegen ist einfach wunderbar. Geröllfelder aus Granit und Schiefer schieben sich Talwärts, weiter unten im Tal sind vereinzelt Baumreihen zu sehen. Kunterbunte Flechten haben sich auf Steinen und Felsen niedergelassen, unzählige Wildkräuter finden dazwischen noch irgendwo Platz. Dazwischen blühen Krokusse in Gelb, Blau und Weiß. Der Himmel über allem ist strahlend blau und außer mir ist in dieser ganzen riesengroßen Wildnis kein Mensch unterwegs. Lerchen zwitschern und irgendwo hoch oben kreist ein Raubvogel in aller Ruhe seine Runden. Es duftet nach wilden Kräutern und um all das, trotz Höhenangst wirklich zu genießen, muß ich mich aber immer wieder auf den Weg setzen und irgendwie noch festhalten. Aber nach und nach wird es besser mit dem Schwindel. Umkehren ist keine Option. Das habe ich mir vorgenommen – es ist einfach alles viel zu schön.

Nach 3,5 km ist dann der erste Anstieg geschafft. Auf dem höchsten Punkt auf einem Plateau angekommen, geht es nun links herum in Richtung des ca. 200 Meter entfernten Gipfelkreuz des Bruncu Spina. Der Weg führt vorbei am scheinbar niegelnagelneuen Sessellift Anlage, die im Sommer natürlich geschlossen ist. Die Sitze schaukeln im frischen Wind und selbst jetzt, Mitte Mai, liegt dort noch ein ziemlich großes Schneefeld glitzernd im Sonnenlicht.

Nach genußvollem Rundumblick am ersten Tagesziel geht es zurück zum Plateau und von dort in Richtung Süden auf den kleinen Pfad der sich auf dem Bergkamm entlangschlängelt. Das Tagesziel, der Gipfel Punta La Marmora, ist jetzt als höchster Berg in der Ferne mit seinem Gipfelkreuz gut zu erkennen. Der Weg schlängelt sich jetzt als Höhenpfad durch Fels und Gras auf oder am Berggrat entlang, bis er dann steil hinab, zum Wegkreuz am Arcu Gennargentu auf 1659 m hinabführt. 

Von dort geht es nun wieder bergauf zum letzten Teil in Richtung Gipfel Punta La Marmora. Zuerst führt der Weg in das Geröllfeld des Su Sciusciu (1823 m auch Bruncu Spina 2) es geht stetig bergauf und der Weg ist gut zu erkennen. Nach dem ersten Anstieg, ist nach 700 metern der anstrengendste Teil geschafft. Der Pfad führt nun relativ gemütlich weiter dem blitzenden Gipfelkreuz des Punta la Marmora, 1853 m entgegen. 

Gipfelkreuz, Aussicht, Pause, Picknick, Whow!! Hier oben blitzt in Richtung Osten das Meer des Golf von Orosei, im Westen das Meer bei Oristano. Absolute Stille, nur ein kleines Windchen echt aus dem Tal herauf. Mein Picknick aus Tonara genehmige ich mir jetzt wohlverdient und hungrig. Der Hund sitzt auf einem Felsen über dem Abgrund und lässt die Ohren im Wind baumeln.

Nach meiner Pause mache ich mich nun gestärkt auf den Rückweg. Der zuerst einmal zurückführt wie ich gekommen bin. Am Wegkreuz des Arcu Gennargentu geht es jetzt aber links herum auf dem Wanderpfad unterhalb des Bergkamms weiter. Dieser führt nun an der westlichen Flanke des Kammes des Bruncu Spina in gemächlicherem Auf und Ab zurück zum ersten Wegkreuz des Tages am Arcu Artilai.

Hatte ich es bis hier heute lediglich mit der vierbeinigen und geflügelten Tierwelt des Gennargentu als einzige Lebewesen zu tun gehabt, staune ich nicht schlecht, als mir mitten auf dem unendlichen Schotterweg!!! ein Rennradfahrer entgegenkommt. Das Rad geschultert, schnaufend, lache ich bei seinem Anblick lauf auf. Er schmunzelt und erklärt, bevor ich Fragen kann. Alessandro stellt er sich vor, eigentlich macht er die Tour mit dem Mountainbike, wollte er heute mal versuchen mit dem Rennrad auf den Berg zu kommen. Danach auf der anderen Seite bergab um nach weiteren Kilometern Schotter, die Asphaltstraße zurück nach Oristano zu nehmen wo er heute Morgen gestartet ist. Unglaublich, Hut ab. Wir tauschen Selfies und Namen und gehen in entgegengesetzer Richtung unserer Wege.

Mehr Erzählenswertes passiert heute nicht aber die tolle Landschaft bleibt, jetzt gespickt mit einigen kleinen Quellen die Bergab fliesen folge ich stets dem Weg zum Arca Artilai, von dem ich am Vormittag bergauf in Richtung Bruncu Spina kletterte. Weiter bergab folge ich jetzt dem Weg zurück wie gekommen zum Startpunkt der Tour nach S’Arena.

Noch mehr Bilder

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Die Gps Daten (gpx und kml) könnt Ihr auf meiner Seite auf Bikemap.net downloaden. Dort habe ich weitere Fahrrad- und Wandertouren auf Sardinien für Euch zum Download hinterlegt. https://www.bikemap.net/de/r/8569057/#12.85/40.00472/9.30066

Anja


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