Lesenswert: Sardinien – 50 Tipps abseits der ausgetretenen Pfade

Sardinien ist eine der schönsten Inseln Europas und ein wunderbares Reiseziel auch ausserhalb der bekannten Pfade.

Das verspricht und zeigt euch das äusserst handliche Reisebüchlein und ja, es hält was es verspricht.

Und ihre persönlichen 50 Geheimtipps teilt die Autorin mit euch auf 253 Seiten. Die seit über 30 Jahren auf Sardinien lebende Wahlsardin Andrea Behrmann erzählt interessant, klein, fein und nett aus und über Sardiniens unbekannte Ecken

Ich mag den frischen Stil des Buches. Auf den Punkt gebracht geschrieben entführt Andrea auf Rundtouren und in Ecken Sardiniens, die auch ich noch nicht kannte und verlockend der Wunsch mich auf den Weg zu machen.

➡️ Das Büchlein ist eine Empfehlung für Sardinien-Entdecker, die sich gern mal entführen lassen möchten. Die Rundtouren, nach Regionen aufgeteilt, bringen euch zu Abstechern und den beschriebenen SardinienTipps. Sie eignen sich für Sardinienprofis und Sardinien Neulinge, die den Standardzielen entfliehen und sich ein ein wenig in die andere Sardinienwelt entführen lassen möchten. Dazu lernt Ihr kurz und knapp alles Wissenswerte über die bereiste Region, Traditionen, Unbekanntes.

Kurzum: Ein Porträt Sardiniens abseits der eingefahrenen Touristenwege. Ein handliches Büchlein für Anfänger und Fortgeschrittene Sardinien Reisende. Gerne empfohlen.

Andrea Behrmann, Paolo Succu: Sardinien 50 Tipps Abseits der ausgetretenen Pfade. 
Mettmann 2021: 360° Medien Verlag
1. Auflage, ISBN 978-3-96855-277-4, 14,95 Euro


Sommer Sonne & tödliche Badefreuden

Der Sommer ist da und mit ihm viele Tausende Touristen die ihre wohlverdiente Ferienzeit an Sardiniens Küsten genießen. Aber wie jedes Jahr in der Badesaison häufen sich die Nachrichten über tödliche Badeunfälle.

Definitiv Baden verboten, sagt das Schild am Strand von Rena Matteo in der Gemeinde Aglientu. Nur das Sonnenbaden ist hier erlaubt, denn so schön blau wie das Meer an den sardischen Küsten lockt und schimmert, behaltet im Hinterkopf, dass es an sardischen Stränden, mit wenigen Ausnahmen, kaum Strände gibt an denen Rettungsschwimmer ihre Dienste tun. Offiziell ist hier deshalb auch Baden verboten. Die Strände sind lediglich nur zum Sonnenbaden zugelassen. So liegt die Haftung dann beim Badegast.

Auch wird vor gefährlichen Strömungen und Unterströmungen wird nicht gewarnt – und die gibt es auf Sardinien reichlich! Besonders gefährlich ist es an windigen Tagen und an Tagen mit hohem Wellengang.

Rip Strömung, Rip Tides oder Brandungsrückströmung

Bei starkem Wind oder hohen Wellen entstehen Rip oder Brandungsrückströmungen. Das sind unsichtbare Unterströmungen die entstehen, wenn die an Land gespülten Wassermengen (Wellen) zurück ins Meer strömen. Unterwasser gibt es durch Felsen und Sandbänke oft Engstellen, an denen das zurückfliessende Wasser schneller abliesst. Hier entstehen Fließgeschwindigkeiten, die selbst stehende starke große Erwachsene Personen von den Füssen reissen und mitziehen können. Gleiches gilt für Schwimmer die mit der Strömung ins Meer gezogen werden. Besonders Fatal ist die Situation gerade für Kinder.

So verhaltet Ihr Euch richtig!!

  1. Klar dass Ihr schwimmen könnt oder als Nichtschwimmer Schwimmweste, Schwimmring oder Schwimmärmel tragt (gilt auch für Eure Kinder)
  2. Badet nur an Stränden, an denen das Baden auch zugelassen ist und Bademeister und Rettungsschwimmer ihren Dienst tun
  3. Lasst bitte Eure Kinder bei hohem Wellengang nicht in der Brandung spielen
  4. Roten Flaggen am Strand, hier herrscht Lebensgefahr

Solltet Ihr dennoch in eine Strömung geraten, heißt es erst einmal Ruhe bewahren. Gegen die Strömung anschwimmen hat keinen Sinn und Ihr erschöpft. Lasst Euch wie auf der Grafik Mittreiben, Ihr merkt wenn die Strömung nachlässt und könnt dann rechts oder links wieder Richtung Strand schwimmen.

ABER: Grundsätzlich große Vorsicht an windigen Tagen oder Tagen mit hohem Wellengang. Und ganz besonders, lasst Eure Kinder nicht ins Wasser, wenn die Wellen hoch sind und starker Wind weht! – auch wenn es noch so lockt und die Kleinen noch so quängeln.

Gesunden Menschenverstand einschalten sollte jeder beim Baden mit dabei haben, auch wenn das Wasser hier noch so schön ist. Lieber abwarten bis optimale Badeverhältnisse herrschen und dann vergnügt und sicher in die Fluten springen.

Mehr Informationen über Strömungen und unbesorgtes Badevergnügen finden Sie auf den sehr informativen Seiten des DLRG

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Whale Watching auf Sardinien

Whale & Dolphin Watching auf Sardinien. Na wie wäre es, einen ganzen Tag lang Wale oder Delfine in ihrem Lebensraum Mittelmeer zu beobachten? Auf Sardinien könnt das. Und Ihr habt sogar zwei Möglichkeiten Einblick in die Lebensweise dieser faszinierenden Tiere zu bekommen.

Entweder mit echten Meeresbiologen an der Küste Nordsardiniens. Mit dem sardischen Meeresbiologen Luca Bittau und seinem Team von SeaMe, seid Ihr einen Tag lang Forscher und beobachtet diese faszinierenden Tiere vor der sardischen Küste in ihrem natürlichen Lebensraum. Unterwegs lernt Ihr alles mögliche und geht den Forschern an die Hand.

Oder auf einen Bootsausflug der anderen Art. Mit der Orso Cat – einem Katamaran, der in Australien speziell für das Whale Watching konzipiert wurde. Mit dem Team von Orso Diving aus Poltu Quatu fahrt Ihr in kleinen Gruppen hinaus in den Unterwassercanyon von Caprera. Dort werden die Motoren abgestellt und Ihr lasst Euch treiben. Das Team von Orso Diving erklärt Euch alles Wichtige rund um die Meeressäuger und mit ein bisschen Glück seht Ihr neben Walen und Delfinen auch hiesige Meeresschildkröten, Thun- und Mondfische sowie Schwertfische.

Für welchen Ausflug Ihr Euch entscheidet, für Jung und Alt sind Beide sicherlich ein ganz besonderes Erlebnis.

Santuario dei Cetacei

Sardiniens Norden gehört zum Walschutzgebiet „Santuario dei Cetacei“ dem Heiligtum der Wale. Das Gebiet erstreckt sich zwischen den Küstenstreifen von Nord-Sardinien und den Küsten der italienischen Regionen Ligurien und Toskana, sowie Monaco und der südfranzösischen Côte d’Azur.

In diesem Schutzgebiet haben acht Arten von Meeressäugern ihren ständigen Lebensraum: Finnwale, Pottwale, Grindwale, Gemeine Delfine, Große Tümmler, Streifen- und Rundkopfdelfine sowie Cuvier-Schnabelwale.


Whale & Dolphin Watching

Abfahrten: La Maddalena, Palau oder Poltu Quatu – alle in Nordsardinien
Von Mai bis Oktober – je nach Wetterlage

Auf den Webseiten von SeaMe.it (Schwerpunkt Forschung) oder Orso Diving Poltu Quatu erfahrt Ihr alles, was Ihr wissen müsst und

Wann & Wo

Orso Diving Club

Whale & Dolphin Watching, Tauchen

Loc. Lato Ovest Porto, 07021 Poltu Quatu

tel. +39 (0)789 99001

mobil +39 348 0641 825 (auch per whatsapp)

Internet Orso Diving Poltu Quatu (2021 Touren finden statt)

SeaMe Sardinia Onlus

Schwerpunkt Forschung – Delphinforscher für einen Tag

Via delle Ginestre, 6 (Vil. Piras), 07024 La Maddalena (OT)

Web SeaMe.it

2021 sind derzeit keine Touren geplant!

WICHTIG: Es gibt KEINE festen Abfahrtstage. Die Touren finden nur dann statt, wenn Wind und Wetter stimmen und das Meer ruhig ist. In der Regel ist das 48 bis 24 Stunden vor Abfahrt absehbar. Auf den Webseiten der Anbieter findet Ihr alle wichtigen Informationen, die Preise und Ihr könnt Euch dort direkt anmelden.

Mitzubringen sind:
 Fotoapparat, Badebekleidung, Handtücher, Sonnenschutz (Hut – gerade für Kinder), Sonnencreme mit hohem Lichtschutzfaktor

Danke an Luca Bittau, SeaMe für die wunderbaren Fotos.

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Luogosanto

Na, was fällt Euch ein wenn Ihr an Sardinien denkt? Schneeweiße Strände und kristallklares blau-türkis schimmerndes Meer? Ihr habt Recht. Sardiniens Strände scheinen einem Reisekatalog für die Karibik entsprungen und ziehen Jahr für Jahr immer mehr Menschen auf die italienische Mittelmeerinsel. Aber Sardinien hat noch eine ganz andere Seite, eine Seite die nicht alle kennen, nicht alle mögen, die den wirklichen Sardinienfans aber einfach die Liebste ist. Das Inland.

Entfernt man sich von der Küste und sucht seinen Weg außerhalb der touristisch erschlossenen Gebiete zeigt Sardinien seine ganz andere Seite. Wunderbar gastfreundliche Menschen, herrliche Berg- und Hügellandschaften, Seen, Flüsse, romantische kleine Dörfer, duftende immergrüne Macchia (Mittelmeergestrüpp), Wälder, Granitgebirge und beschaulicher Alltag. All das könnt Ihr entdecken, auch in der Hochsaison.

Die meisten Sehenswürdigkeiten habe ich Euch mit einem Link zu Google Maps hinterlegt, damit Ihr die Position in Eure Reisedaten speichern könnt.


Heute möchte ich Euch eines meiner Lieblingsdörfer vorstellen. Luogosanto.

Locusantu im hiesigen Dialekt oder auf Deutsch heiliger Ort. Man sagt, das Land ist gesegnet, beständig und stark, wie der Stein auf den das Dorf gebaut ist: der Granit

321 Meter über dem Meer liegt Luogosanto, wie angeklebt an die Flanken des Monte Juanni, dem Hausberg mit seinen drei Gipfelspitzen. Etwas mehr als 1800 Einwohner stark, ist Luogosanto schon seit Jahrhunderten eines der wichtigsten Bergdörfer im Norden Sardiniens. Ausgestattet mit allen notwendigen Infrastrukturen ist man hier schon immer ziemlich unabhängig. Alles was zum täglichen Leben benötigt wird, bekommt man vor Ort.

Von imposanten Granitbergen umgeben, sind die meisten Häuser im Dorf traditionell aus Granit gebaut. Geschätzt werden althergebrachte Traditionen, gutes Essen, Natur und besinnliche Ruhe. Gastfreundschaft ist heilig. Selbst im Hochsommer, wenn es an den Küsten hektisch, unübersichtlich und quirlig wird, taucht man hier ein, in eine gemütliche und stressarme Umgebung. Fast ist spürbar, wie diese ruhige Stimmung auch die Besucher des Dorfes einnimmt.

Luogosanto ist umgeben von wunderbar schattigen und immergrünen Stein- und Korkeichenwäldern, die sich zum südlichen Inland hin über Täler und Granitberge bis nach Tempio Pausania, dem Bischofssitz in Sardiniens Norden, ziehen.

Das Meer ist nah. Vom Aussichtspunkt an der Hauptkirche der Basilika della Nostra Signora di Luogosanto kann man das blitzende Blau zwischen den Bergen erhaschen. In einigen Tälern hinter dem Dorf gibt es Ecken mit teilweise endemischer Flora und ansonsten mit der für Nordsardinien typischen Fauna. Die immergrünen Wälder sind reich an Wildtieren: Wildschweine, einige MarderartenFüchseVögelEulenFalken um nur einige zu nennen. Dazu eine bunte Vielfalt Reptilien z.B. Zauneidechsen, Schlangen (ungiftig) und die sardische Landschildkröte. Die Wälder bieten vielen dieser Tiere vom Menschen fast unberührte Rückzugsorte. Kräuter-, Vogel– und Insektenfreunde lieben Sardinien, denn sie finden hier noch Arten, die hinter den Alpen bereits seit Jahren auf der Roten Liste stehen oder bereits ausgemerzt wurden. 

135 Quadratkilometer groß ist das Gemeindegebiet des Dorfes. Den Besuchern wird viel geboten: zuallererst eine faszinierende Natur- und Tierweltsaubere Luft, bestes Essen. Wer hier urlaubt kann sich dazu vielen Freizeitaktivitäten widmen: BikenWandernBouldern oder nur gemütlich durch das Dorf bummeln, bisschen einkaufen, bisschen Eis essen. Sattsehen kann sich das Auge an herrlichen Granitformationen die rundum die Landschaft prägen und immer wieder aus dem Blätterdach der Wälder schauen. Bei klarem Wetter hat man Meersicht und selbst Korsika, die französische Nachbarinsel, scheint nur einen Katzensprung entfernt.

Auch die schönsten Strände Nordsardiniens sind schnell erreichbar. Ihr habt die Qual der Wahl, welcher Strand auf dem Programm stehen soll: die famose Costa Smeralda rund um das Jet-Set-Nest Porto Cervoan der OstküsteRena Majore oder Rena Matteo an der NordwestküstePorto Pollo im Norden zum Surfen. Alle sind von Luogosanto aus in 25 bis 35 Fahrtminuten mit dem Auto erreichbar. Und kommt man dann vom stressigen Strandtag zurück, empfängt den Gast in Luogosanto die wohlige Gastfreundschaft für das das Dorf seit Jahrhunderten bekannt ist.

Capanna delle Riunioni

Luogosanto war schon lange vor Christus Geburt besiedelt. Ein Zeugnis ist die nuraghische Versammlungshütte, die Capanna delle Riunioni auf dem Monte Casteddu (XIV – IX v. Ch.). Die Überreste von kreisförmigen Steinhütten in der Nähe, zeugen davon, dass sich sich dort um 2500 v.Ch. eine wichtige Ansiedlung befand.

San Trano und die Teufelsgrotte

23 größere und kleinere Kirchen und Landkirchlein, in deren Mauern die Gläubigen schon im Mittelalter den Segen erbaten, liegen auf dem Gemeindegebiet verstreut. Ein Highlight, die Landkirche von San Trano, in dem die Heiligen Nicola und Trano als Eremiten hausten. 

Aus dem Heiligen Land gekommen, waren sie unerschütterlich in ihrem Glauben. In Luogosanto wollten sie eine Kirche erbauen; selbst der Teufel konnte sie mit keiner Verlockung von ihrem Vorhaben abbringen und fuhr aus Zorn darüber in die Hölle hinab. Unterhalb der Kirche ist in der Grotta del Diavolo, sein Fußabdruck im Granit für immer verewigt. Wer an diesem Platz das Avemaria betet und einem alten Ritus folgt, kann das böse Auge abwehren

Der legende nach wurden von Nicola und Trano dann die ersten Mauern der Basilika von Luogosanto erbaut. Seit 2008 ist Luogosanto Cittá Mariana, ein Wallfahrtsort, gleichgestellt mit Lourdes. Alle 7 Jahre wird die heilige Tür an der Basilika geöffnet in der die Geschichte der Eremiten verewigt ist. Das alljährliche Fest zu Ehren der Madonna (7./8./9. September) mit Trachtenumzügen, vielen prächtig geschmückten Pferden, Jahrmarkt und großen Konzerten, wird dann noch einmal ein Tick größer ausgerichtet.

Überreste einer weiteren Ansiedlung sind 2 km außerhalb des Dorfes rund um die mittelalterlichen Ruinen des Castello di Baldu zu besichtigen. Die Ruine ist ein besinnlich-lauschiger Platz für Picknicks. Im Schatten der alten Eichen, lässt sich dort wunderbar entspannen. Im Mittelalter war die Burg das Zuhause des Prinzen Baldu, der mit einer deutschen Prinzessin vom Rhein verheiratet war. Oder ein weiterer Ausflug in die Vergangenheit, besichtigt doch das Castello di Balaiana, es liegt mit herrlicher Rundumsicht auf einem Hügel. Vorab sind ein paar Hundert Treppenstufen zu überwinden. 6 km vor Luogosanto, von Arzachena kommend.

Kork

In den heißen Sommermonaten kann man in den Korkeichenwäldern rund um das Dorf Zeuge werden, wie einer der härtesten Jobs der Insel getan wird. Die Strände sind jetzt voll mit Sommertouristen. Jetzt, bei Tagestemperaturen um die 40 Grad ist die Zeit gekommen, die Korkeichen zu schälen. Hochbezahlte bärenstarke Fachmänner schlitzen mit scharfen Dolchen, Äxten und gekonnten Bewegungen die begehrte Baumrinde auf und ziehen große Platten des wertvollen Naturmaterials von Hand ab. Ein falscher Schnitt und der Baum stirbt. Auch darf man nicht zu viel von der Rinde abnehmen. Dazu kommt der Kampf mit Wespen, Käfern und Ameisen, die die Rinde bewohnen und ihre Wohnstatt mit allen Mitteln gegen die Arbeiter zu verteidigen suchen. Doch nur im Hochsommer gibt es zwischen Baum und Rinde einen Luftpuffer, der es ermöglicht die Rinde abzunehmen. Im restlichen Jahr sind Baum und Rindeunzertrennlich. Die geernteten Korkplatten werden dann nach Tempio Pausania oder Calangianus in die Fabriken gekarrt, wo sie gelagert, gekocht und dann zu den Korken verarbeitet werden, die die besten Weine der Welt in ihren Flaschen versiegeln.

Hausmannskost in der Gallura

Wirklich arm war Luogosanto nie. Zeugen sind die vielen kleinen Landkirchen und dazugehörigen Ländereien, die Stazzi (typisch sardische Bauernhäuser), die rund um Luogosanto verstreut liegen. Die Besitzer der Ländereien lebten im Dorf und ließen auf dem Land ihre Pächter mit Familien für sich arbeiten. Die wichtigsten Grundnahrungsmittel für das Dorf wurden dort produziert. GetreideKäseFleischBrotGemüse. Sie sind noch heute die Basis für viele Gerichte aus der galluresisch-sardischen Landküche. Wie zum Beispiel die Zuppa Gallurese, ein Brotauflauf, der heute an jedem wichtigen Festtag auf dem Mittagstisch stehen muß. Mein Rezept zum nachkochen. Dazu ein wenig Geschichte zur Zuppa.

Die Landfeste

Wer nach dem heißen Sommer Luogosanto besucht, kann Glück haben, dass eines der Landfeste stattfindet um dort mitfeiern zu können. Gefeiert wurde und wird bis heute viel und gerne. Das Ende des Winters, das Ende des Sommers, die Ernte. Feste, deren Tradition sich bis heute erhalten hat und die abwechselnd von den Gemeindemitgliedern organisiert und an den Landkirchen gefeiert werden.
Der Aufwand ist gewaltig, aber man freut sich schon Wochen vorher auf das gesellige BeisammenseinMeterlange Bänke und Tische sind dann voll mit Menschen und Leckereien, dazu Tanz und Musik bisspät in die Nacht.

Rinder werden zu GeschnetzeltemWildschweine mit Sugo verfeinert und Spanferkel kommen an den Spies und werden im Kreis über dem offenen Feuer stundenlang gegrillt. Mehrgängig ist das Menü, fleischlastig, so wie immer. So wie seit vielen hundert Jahren und nicht wirklich das Glück veganer Mitbürger.
Dazu gibt’s Pasta mit Sugo und selbstverständlich Wasser und Wein, viel Wein. 

Die Geschichten des Dorfes und der Menschen werden dann erzählt. Geschichten um die Feste der vergangenen Jahre, Geschichten um die Neugeborenen und die Toten des Jahres und was sonst noch so interessant ist. Speis und Trank kommen für eine kleine Spende auf den Tisch. Je nach Fest bekocht das Organisationsteam auch schon mal 2500 Personen, die von überall herbeikommen. Eine Hochleistungfür die dörfliche Supply Chain

Tonnenweise werden Pasta, Tomaten, Kartoffeln, Suppengemüse, Wein, Wasser, Obst und das Fleischheranzuschaffen. Die Köche sind Hobbyköche, hoch geschätzte Gemeindemitglieder die ihren Job für das Gemeinwohl teilweise schon seit vielen Jahrzehnten machen und so zu Legenden der Gallura wurden.

Biriu zum Beispiel, ein kleiner Mann, 165 cm groß und nicht mehr der Jüngste. Er tut sich schwer, weil der Rücken so sehr schmerzt. Trotzdem, Jahr für Jahr wird er gerufen und er kommt. Kein Klagen. Biriu, der die beste Rindfleischsuppe kocht, den besten Sugo kann, dessen Geschnetzeltes butterweich im Munde zergeht, der seine 10 großen Töpfe und die Küchencrew aus Freiwilligen im Griff hat. Biriu ist bereits Legende. Seine Tochter Giacomina steht ihm seit ein paar Jahren bei und die Gemeinde sorgt sich, wenn er nicht mehr so kann. Denn für einen Abend Fest sind drei Tage Schwerstarbeit in der Küche einzuplanen. Tage die um 5 Uhr morgens beginnen und oft erst weit nach Mitternacht zu Ende sind. Das hier ist Sardinien, ein Stück echtes Sardinien.

Frühling Sommer Herbst und Winter

Im Frühjahr sind Wälder, Wiesen und Weiden rund um das Dorf ein wahres Farbspektakel. Kunterbunt von vielen Wildblumen und Kräutern die ihren herrlich intensiven Duft in die Inselwelt entlassen. Eingefleischte Sardinienfans, riechen die Insel schon, wenn sie mit der Fähre in den Hafen einfahren. Ein Duftmix aus italienischer Strohblume (Helicrysum italicum), wildem Lavendel und vielen anderen.
Der Herbst ist grün, die ersten Regenfälle lassen dazu die Edelpilze spriessen und Pilzsammler sind überall mit ihren Körben unterwegs. Die Wälder zwischen Luogosanto und Tempio sind voll mit Stein- und Edelpilzen, ein Mekka für Fans der Funghi.

Im Spätherbst reifen die dunkelblauen Mirtobeeren an ihren Sträuchern. Sie sind die Basis für den gleichnamigen Likeur der Hundertjährigen: den Mirto.  Auch der Erdbeerbaum (Corbezzolo) trägt jetzt schwer mit seinen roten stacheligen Früchten. Sie erinnern an Erdbeeren oder, wie mein kleiner Neffe meint: „an den CoronaVirus in Rot“. Neben den roten Fruchtkugeln ist gleichzeitig die Blüte des Baumes in vollem Gange. Wie Trauben aus Wein dicht and dicht, hängen sie wachsweiß bis rosa neben den roten Bällchen im Baum. Die Blüten sind ein wichtiger Teil der Winternahrung der heimischen Bienen, die daraus den begehrten, bitteren Corbezzolo Honig (Miele di Corbezzolo) herstellen.

Sehenswertes & Tipps

In der Anlage der Forstverwaltung (Forestale) Lu Sfussatu auf dem Weg nach Tempio Pausania können Besucher auf schön angelegten Pfaden, mit dem Bike oder zu Fuß die Natur und Tierwelt beobachten und aus einer Vielzahl sauberer Wasserquellen trinken. Im Park befindet sich auch eine Grotte, die als Beobachtungsposten ausgebaut wurde.

Diözesanmuseum von Luogosanto – Mein absoluter Tipp für alle Luogosanto-Besucher – das DiözesanMuseum in Luogosanto, das im ehemaligen Franziskaner Kloster beherbergt ist. Artikel in Arbeit

Eine Wasserquelle der heilbringende Eigenschaften zugesagt werden, ist die Sorgente Fonte La Filetta auf dem Weg zum Monte Canu.

Einen besonderen Ausblick in die ganze Gallura und bei gutem Wetter bis Korsika, hat man von dem Kirchlein von San Trano (Eremo di San Trano), wo die Eremiten sich niederließen. 500 Meter nach der Ortsausfahrt, Fahrtrichtung Arzachena geht es rechts ab (Beschilderung folgen). Hier hausten die vorgenannten Eremiten zu deren Ehre dort ebenfalls zwei Heiligenfiguren aufgestellt sind. Das Kirchlein liegt auf einem Granithügel. 

Ein Muss ist die Besichtigung der Olivastri Millenari, 4000 Jahre alte Baumriesen am Lago di Liscia. Fährt man über den Monte Canu Richtung Aggius, kommt man hinter Luogosanto in das Tal des Stausees des Lago Liscia. Dort herrscht ein ganz besonderes Mikroklima. Mehrere um die 4000 Jahre alte Baumriesen gelten als die ältesten Olivenbäume Europas. Unter dem Blätterdach des Ältesten lernt man Ehrfurcht.

Essen in Luogosanto

Ristorante Pizzeria da Tommy, Via Cristoforo Colombo 9, Pasta, Pizza (Abends), Fisch & Fleisch, täglich 12.00 – 15.00 / 19.00 – 23.00, Donnerstag Ruhetag. Tommy, seine Frau und seine Kinder bewirten Euch mit Leckerschmeckergarantie.

Ristorante Girasole, Via S. Trano 31, tolle Pasta & Pizza (Abends), Fisch & Fleisch, täglich 12.30 – 14.30 / 19.00 – 23.30 

Tolles Eis, super Hähnchen, Pizza und süsses Gebäck zum Mitnehmen in der Rosticceria von Adriana und und Pasquale Lu Mulinu, Via San Trano 11

6 km außerhalb – bei Matteo und Laura im Agriturismo/Landhotel Quercia della Gallura typisch sardisch essen & schlafen, Reservierung notwendig – www.querciadellagallura.com

Übernachten in Luogosanto

im Dorfkern – bei Fabrizio und seiner Familie im Drei Sterne Hotel & Restaurant San Trano in der Via Caprera 19, von Apr. bis Okt.– www.hotelsantrano.it

2 km außerhalb – bei Pierfranco, Francesca,  & Gianna im Agriturismo Vaddidulimu in der Ansiedlung Vaddidulimu (Fahrtrichtung Aglientu), ganzjährig geöffnet B&B 40,– Euro pro Übernachtung / HP 60,– Euro Reservieren: dongu1@virgilio.it

6 km außerhalb, Fahrtrichtung Arzachena – das ausgebaute Heuhaus von Eugenie für 1 – 2 Personen

6 km außerhalb – bei Matteo und Laura im Agriturismo/Landhotel Quercia della Gallura, ganzjährig, ab 35,– Euro B&B www.querciadellagallura.com

8 km außerhalb, total tolle Berglage, – im Agriturismo Canu von Antonello und seiner Familie – www.agriturismo-canu.com 

Einkaufen in Luogosanto

#Sardinientipp Kräuter, Tees, Salben einkaufen- bei DER Kräuterfrau Sardiniens, Patrizia, in ihrer Erboristeria, 5 km außerhalb des Dorfes gelegen (Fahrtrichtung Arzachena), pflanzt, hegt und pflegt sie nicht nur viele Heilpflanzen selber, sonder mixt Euch Tees und Aufgüsse für allerlei Zipperlein von Hand, stellt dazu Salben und Kräutermixturen selber her. Erboristeria Officinale Lu Capruleddu, Loc. Capruleddu, I-07020 Luogosanto

#Sardinientipp Käse und Wurst einkaufen– Der sardische Pecorino-Käse für den die Schafe des Agriturismo Canu ganzjährig auf der Weide frei grasen um hervorragende Milch zu liefern ist famos und ganz bestimmt ein besonderer Leckerbissen. Bei Daniela und Pino könnt Ihr ihn von Frühjahr bis Herbst in der Verkaufsstelle Pastores in Arzachena erstehen. Der Weg lohnt sich.

#Sardinientipp Blumen und Geschenke, tolle Blumenkompositionen holen wir uns für unsere Hochzeiten im Blumenladen bei Anna in der Via San Trano . In ihrem Laden duftet es herrlich. Neben Blumen gibt es eine Auswahl netter Geschenkideen und Kerzen. 

#Hoch zu Ross in Luogosanto Auf tollen Pferden die wunderbaren Stein- und Korkeichenwälder erkunden. Bei Valeria und dem Centro Equestre Royal Dream

#Wein testen in Luogosanto #Piero Mancini

In den 60er Jahren entschloss sich der Zahnarzt Piero Mancini Wein anzubauen. Eine gute Entscheidung, denn heute dürfen wir sein fantastischen Weine in Luogosanto testen. Das Weingut befindet sich ca. 4 km außerhalb Luogosanto in Fahrtrichtung Arzachena. Ein wunderbarer Stazzu, top restauriert ist heute eine exquisite Location. Derzeit können leider nur Tastings für Gruppen ab 20 Personen angeboten werden. 

Mein Fazit

Luogosantos unberührte, unvergleichliche Natur, nette Einwohner und Gastgeber, tolle kulinarische Spezialitäten und nicht zuletzt die abwechslungsreiche Landschaft, macht dieses nette sardische Dorf zu einem meiner Lieblingsorte auf Sardinien. Ganz besonders Naturliebhaber, Radler und Wanderer finden hier tolle Möglichkeiten um ein Stück ursprüngliches Sardinien auf eigene Faust zu erkunden. Ganz besonders möchte ich Luogosanto denjenigen empfehlen, die die Insel auch mal außerhalb der üblichen Touristenzeiten entdecken möchten. Sardinien ist einfach nur toll im Herbst, Winter und Frühjahr. Einige Unterkünfte sind geheizt und ganzjährig geöffnet und last but not least, gerade in Coronazeiten lässt sich mit so viel Platz ganz wunderbar und ziemlich Maskenfrei eine tolle Zeit verbringen. Ich wünsche Euch eine tolle Reise.

Fotos: Comune Luogosanto, Anja Liebert, Daniele Fontana

Viel Spass bei Eurem Aufenthalt. Weitere Fragen? einfach fragen..


Nordsardinien – die Gallura

Gallura


Glitzendblaues Meer, bizarre Granitstein-Kulissen, immergrüne Macchia, schroffe Berge, sanfte Hügel, ein Himmel so blau und eine Sonne so strahlend, dass es scheint, als herrsche ein ewiger Sommer über dieser wunderbaren Gegend 🤍

In fast allen Sardinien-Reiseführern, ob online oder als Druckwerk, ist die Gallura als eines der schönsten Reisegebiete Sardiniens anpriesen und der Meinung kann ich mich auch nur anschließen.

Der gesamte nord-östliche Teil der Insel ist ein wahres Naturschauspiel. Eingerahmt von unzähligen Stränden und Strändchen mit türkisfarbenem Meer, von bizarren Granitstein-Kulissen, immergrünen Korkeichewäldern auf sanften, immer höher steigenden Hügeln, Gebirgszügen und fantastischen Felsformationen aus Granit.

Keine sardische Landschaft ist abwechslungsreicher als die Gallura, nirgends sind die Farben ausgeprägter und die Wasserqualität des Meeres besser als im Norden der Insel.

Luogosanto

Locusantu im hiesigen Dialekt oder auf Deutsch heiliger Ort. Man sagt, das Land ist gesegnet, beständig und stark, wie der Stein auf den das Dorf gebaut ist: der Granit. 321 Meter über dem Meer liegt Luogosanto, wie angeklebt an die Flanken des Monte Juanni, dem Hausberg mit seinen drei Gipfelspitzen. Etwas mehr als 1800 Einwohner stark, ist Luogosanto schon seit Jahrhunderten eines der wichtigsten Bergdörfer im Norden Sardiniens. weiterlesen

In Vorbereitung:

  • von Olbia bis Golfo Aranci
  • Costa Smeralda
  • von Baia Sardinia über Cannigione nach Palau
  • La Maddalena, Caprera
  • von Palau über Porto Pollo, Porto Pozzo bis Santa Teresa Gallura
  • Capo Testa
  • Rena Majore, Costa Paradiso bis Badesi und Valledoria

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Schafschur im Agriturismo Canu

7 Uhr an einem sonnigen Morgen im Mai, Nordsardinien, im Herzen der Gallura. 5 km außerhalb des kleinen Bergdörfchens Luogosanto auf fast 400 Höhenmetern.

Zweihundert Hektar Land gehören zum Anwesen. Grüne Weiden, sanfte Hügel mit Macchia und wilden Olivenbäumen bewachsen, es duftet nach Frühlingskräutern, Minze und Wacholder. Der Lago Liscia schimmert im Tal in der Morgensonne und in der Ferne die Bergspitzen des Monte Limbara dessen Antennen in der Morgensonne rötlich glitzern.

Schafschur in der Gallura

Es riecht nach Land, nach Schaf – denn rund vierhundert blökende Damen und einige Herren wurden in den frühen Morgenstunden zusammengetrieben und warten darauf, dass ihnen die Wollpracht für die zu erwartende Sommerhitze von den Leibern geschoren wird. Es ist leicht bewölkt, aber warm, kein Wind und kein Regen. Das ist gut, nein ideal denn ansonsten hätte die ganze Schafschur wieder verschoben werden müssen, wie schon zwei mal in diesem für Sardinien kalten Mai.

Zum Einsatz bereit: Die Schafscherer – zwanzig kräftige schwarzäugige sardische Herren, aus allen Inselteilen sind sie nach Luogosanto gereist. Die Modernen ausgestattet mit Schermaschinen. Die Traditionellen arbeiten noch von Hand, mit altertümlich anmutenden, frisch geschliffenen großen Scheren. Auch fünfzehn Helfer haben sich eingefunden. Ihre Aufgabe die Tiere aus der Herde herausholen, zur Schur vorbereiten und die abgeschorene Wolle zusammensammeln.

Los geht’s

Zuerst sind die rund hundert Lämmer und Lämmchen an der Reihe. Sie blöken verzweifelt nach ihren Mamis. Doch muskulöse Arme greifen sie greifen sie und holen sie aus der Herde. Dann werden die Beine im Handumdrehen verschnürt und das bewegungsunfähige kleine Schafpaket wartet nun doch ziemlich relaxt auf die Dinge die da kommen, bis es an der Reihe ist.

Antonello, der Chef des Hauses Canu erklärt mir, dass die Schafschur in der Gallura eigentlich keine Tradition hat und auch die Betriebe, die so viele Schafe halten sind im Norden Sardiniens ziemlich selten. Drei oder vier Betriebe werden es sein, schätzt Antonello.     In der Gallura wurden traditionell eher Felder bestellt, Rinder und vereinzelt auch Ziegen gehalten. Antonello's Familie kam Mitte der 60er Jahre aus dem Inselherzen, der Barbagia aus Fonni mit all ihren Schafen in die Gallura um sich hier einer neuen Art des Tourismus zu widmen, dem Agriturismo. Ferien auf dem Bauernhof und vom Land auf den Tisch. Auf dem Hof in einfachen Gästezimmern Übernachten und mit hauseigenen Produkten wie Fleisch, Gemüse, Wein und vielen ausgemachten Spezialitäten sollen die Gäste bei ihrem Aufenthalt versorgt werden.

Die meisten Helfer die heute zur Schafschur angereist sind sind Freunde und gute Bekannte. „Alleine kann das von uns keiner mehr schaffen“, sagt Antonello, „bezahlen könnten wir die Arbeiter nicht“. Ohne Nachbarschaftshilfe geht da nichts, heute hier, morgen in Olbia und am nächsten Wochenende reist man woanders hin. „Das ist eigentlich ganz normal auf Sardinien und besonders in der Barbagia“, erzählt er stolz auch wenn einige dafür viele Stunde Fahrtzeit in Kauf nehmen müssen.
Er freut sich auch, dass heute so viele Touristen und Gäste gekommen sind um sich die Schafschur anzusehen. Wer mag, kann gerne helfen aber kaum einer traut sich. Einer der Zuschauer sagt mir: „schau Dir nur die muskulösen Unterarme von den Schafscherern an, da kann ich als Stadtmensch nicht mithalten, geschweige denn ein 45 Kilo schweres Schaf anheben, festhalten und verschnüren.“ Er schmunzelt.

Schafschur ist Schwerstarbeit

Ja, das sieht wirklich nach harter Arbeit aus. Es ist mittlerweile kurz nach Elf. Schafscherern und Helfern steht der Schweiß auf der Stirn. Wasser, Bier und Wein machen die Runde. Für die Versorgung der Schafscherer ist Antonello’s Familie zuständig.

Die Schafscherer stehen in gebückter Haltung über den Schafen. Schweiß tropft von Scherer’s Nase auf das Schaf. Das Tier wird auf den Rücken gelegt und zwischen den Beinen des Scherers eingeklemmt und festgehalten. Die Schermaschine am Oberarm des Tieres angesetzt und bis zum Hinterlauf in einem Schnitt durchgeschoren. So geht das bis zum oberen Rücken. Dann wird das Schaf umgedreht und die Prozedur geht von vorne los. Am Schluß werden Schwanz und Kopf freigelegt. Rund vier Minuten braucht der Scherer für ein Tier, zähle ich mit. Die Sommerfrisur ist fertig, das Schaf wird von seinen Fußfesseln befreit und springt mit großen Sätzen und scheinbar freudig blökend der restlichen Herde entgegen.

Antonello zeigt jetzt einigen Besucher-Kindern ein kleines Lamm auf dem Arm und wie ein Schaf von Hand gemolken wird. Das stehende Schaf wird zwischen den Beinen festgeklemmt und mit schnellen Griffen wird gemolken. Nun können alle probieren. Ein Becher mit frisch gemolkener Milch wird bei den Besuchern herumgereicht. Alle sind begeistert und sehr überrascht, dass die Milch so gut und gar nicht nach Schaf schmeckt.

Fertig

Um 13.30 Uhr ist die Arbeit dann getan. Die Schafe können, nun um rund vier Kilo warmer Wolle erleichtert, den heißen Sommermonaten entgegensehen.
Scherer und Helfer waschen sich an den Wasserschläuchen am Stall Schweiß und Schafduft von den Körpern. Die Kleidung wird gewechselt.
Die Frauen des Agriturismo Canu haben gemeinsam mit Freundinnen und Freunden, das Highlight des Tages, das gemeinsame Mittagessen vorbereitet. Es wird zum Essen gerufen und alle strömen herbei – rund hundert Leute im Saal, Stimmengewirr, spielende Kinder und der Duft von vielen Köstlichkeiten verbreitet sich.

Typische Gerichte der Schafschur werden aufgetischt: Antipasti (Vorspeisen) – hausgemachte Wurstspezialitäten, Schinken, Salsiccia und alle PecorinoKäsesorten der Azienda, Oliven und Eingelegtes. Dann riesige Schüsseln mit Cozze und Bocconi (Muscheln und Meeresschnecken), in Weißwein gekocht, gedünstet, gesotten. Die Primi (erste Hauptspeise) folgen, die Zuppa Gallurese und eine Brotlasagne, die Antonellos Mamma in Fonni schon vorbereitet hat.
Es wird geschwächt, die meisten sind jetzt schon fast satt. Aber es werden die nächsten Schüsseln in den Saal getragen. Die zweite Hauptspeise, die Secondi. Duftendes Spanferkel frisch gegrillt und die Pecora in Capotto, gekochtes Schaf mit Kartoffeln und Zwiebeln. Das Schaf hat Antonello’s Vater, nach barbaricinischer Art vorbereitet und stundenlang in einem riesigen Topf über dem offenen Feuer gekocht. Vorsichtig greife ich zu, denn mein deutscher Gaumen kann sich mit dem Gedanken gekochtes Schaf zu verkosten sehr sehr skeptisch. Doch dann die große Überraschung, denn das Schaf schmeckt nicht wirklich nach Schaf, sondern wirklich fein, würzig und nur ein klein wenig Schafig. Und so genehmige ich mir noch eine weitere Portion, obwohl ich noch vor wenigen Minuten halbherzig beschlossen hatte, jetzt endlich mit dem Essen aufzuhören. Aber ich kann mich nicht herauswinden, das geht hier nicht. Es ist alles so lecker und wirklich gefragt werde ich auch nicht. Es wird aufgetischt und Frau muß wenigstens so tun als wenn sie weiter ißt, sonst wären die Gastgeber beleidigt.

Geschafft sitze ich am Tisch und nicht nur ich. Im Saal kehrt Trägheit ein, Hemden und Gürtel werden dezent geöffnet, einige verlassen ihre Plätze und entwinden sich nach draußen. Durchatmen und ein klein wenig Bewegung tun jetzt ungemein gut. Allen ist anzusehen, dass sie wirklich pappsatt sind. Doch es ist noch nicht vorbei, die Nachspeisen (Dolci) folgen. Sardischer Kuchen, Küchlein und Kekse in allen möglichen Farben, Formen und Macharten, Obst und hausgemachte Seadas, eine ausgebackene Teigtasche gefüllt mit Käse, finden sich jetzt auf meinem Teller ein.

Doch dann endlich, hausgemachte Likeure und Kaffee werden in den Saal getragen. Nach vier Stunden ist das Ende absehbar und ich hoffe, dass ich dieses wahrlich oppulente Mahl irgendwann an diesem Abend auch noch verdauen werde. Um 18 Uhr dann, nach vielen Gesprächen und interessanten Geschichten rund um Schafscherer und Sardinienfans, versuche ich mich in Richtung Heimat davonzumachen. Doch noch mehr als eine Stunde brauche ich, um mich von allen zu verabschieden, hier noch einen Mirto, da noch ein kleiner Schwatz und als ich dann endlich an meinem Auto stehe, weis ich: Das war ein toller Tag, eine schöne neue Erfahrung und im nächsten Jahr bin ich wieder dabei.

In eigener Sache: 2021 begleite ich wieder eine kleine Gruppe deutschsprachiger Touristen zum Schafschurfest. Termin gebe ich möglichst frühzeitig bekannt. Wer teilnehmen möchte, kann mir gerne eine Mail schicken.

Agriturismo Canu
Loc. Canu
I-07020 Luogosanto

http://www.agriturismo-canu.com

Von Arzachena kommend Richtung Luogosanto. Ca. 5 km vor Luogosanto ist der Agriturismo links ausgeschildert. Erst eine kleine Asphaltstraße, die dann Schotterstraße wird. Der Agriturismo bietet wunderbare typische Abendessen mit hausgemachten Spezialitäten, Käseverkauf, Mittagessen für Gruppen auf Anfrage. Drei einfache Gästezimmer, alle mit eigenem Bad und Dusche. Relaxen in ländlicher Atmoshäre.

Verkaufsstelle für Käse:

Pastores
di Pino e Daniela
Loc. Tiana Arzachena
I-07020 Arzachena (OT)
von Mai bis Ende Oktober
via Google Maps Anreise

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Wetter und Klima

Auf Sardinien herrscht mediterran-mildes Klima auch Mittelmeerklima genannt. Ca. 310 Tage lang beglückt uns die Sonne hier mit ihren wärmenden Strahlen. Das bedeutet, dass die warme Periode 8 – 10 Monate betragen kann. Sardinien bietet heiße, trockene Sommer und milde, ab und an regenreiche Winter aus. Die Temperaturunterschiede von Nord nach Süd (ca. 275 km) können im Jahresmittel 5 – 8 Grad betragen. Im August sind Tagestemperaturen um und über 40 °C keine Seltenheit.

Der Übergang der Jahreszeiten ist kurz, aber ausgeprägt. Wer Sonne und Wärme liebt, kommt von April/Mai bis Oktober und hat fast Schönwetter und Warmgarantie. Ich hatte aber auch schon im Dezember Gäste, die sich zum Jahreswechsel am 31.12. ein Bad im blitzeblauen, glasklaren Meerwasser von Rena Majore gönnten. Zwischen Mitte Juli und Mitte September sind die Tagestemperaturen die höchsten.

Die Empfindung von Wärme ist relativ. Für Sarden sind die Dezember/Januar/Februar Tagestemperaturen 10 - 15 °C (im Plus selbstverständlich) Grund genug, sich in Daunenjacke-Schal-Mütze-Kombi bei strahlendem Sonnenschein auf die Straße zu begeben. Der Tourist aus Norwegen entblättert sich und freut sich auf warme Tage im kurzarmigen T-Shirt. 

Das Frühjahr

Das Frühjahr, mit stabileren Wetterverhältnissen, könnt Ihr ab Mitte März erwarten. Die Temperaturen und Sonnenstunden steigen ständig. Ab April kann das Meer „ab und an“ schon „Badetemperatur“ erreichen. Ich liebe den Mai, seine angenehmen Tages- und Nachttemperaturen, angenehm und nicht zu warm um sportlich die Insel zu entdecken, auch mal baden zu gehen und vor allem ist Sardinien Grün und Bunt. Eine blühende Insel, die Natur lockt einzigartig mit Blütenpracht, Farbe und den würzigen Düften der sardischen Kräuter. Für mich sind Frühjahr, Herbst und Winter die schönste Zeit Sardinien zu entdecken, auch weil gerade diese Monate kaum Tourismus und Trubel herrscht. Zeit zum Wandern, Biken, Klettern, Städtebummel, Inlandtouren und auch die ersten Strandhochzeiten. Der Mai ist einfach unschlagbar schön, warm aber nicht zu sehr, Blumenpracht überall, grüne Wiesen.

Der Sommer

Der Sommer hält ab Juni Einzug. Die Regentage sinken quasi auf null, Sardinien wird zum Paradies für Badegäste.  Die höchsten Jahrestemperaturen sind ab Mitte Juli bis Ende August zu erwarten, das Thermometer steigt gerne auch mal über die 40 ° C. Jetzt stehen Beach, Wassersport und Baden auf dem Programm der Sommer-Sardinienfans. Ich liebe es, wenn nach einem heißen Sommertag die Temperaturen wieder sinken, dann auf einen Sundowner an den Leuchtturm des Capo Testa, im Anschluß auf einen der vielen Nachtmärkte zum Bummeln. Sie öffnen ab ca. Mai/Juni bis Ende September, allabendlich ab ca. 21 Uhr im Norden: Porto Cervo, Baia Sardinia, Cannigione, Palau, La Maddalena und Santa Teresa.

Der Herbst

Ab Mitte/Ende September sinken die Tagestemperaturen (endlich) wieder und Sardinien blickt in Richtung ruhige Jahreszeit, Herbst und entspanntes Leben. Die ersten (seltenen) Regenfälle lassen die Insel nach dem langen trockenen Sommer aufatmen und wieder grün werden.  Es blüht auch wieder zwischendrin, allerdings etwas dezenter und nicht so überschwänglich wie im Frühjahr. Sport, Aktivität und Entdecken steht wieder auf dem Inselprogramm und, eine meiner Lieblingevents starten jetzt wieder: Ab Spätsommer bis in den Dezember hinein beginnen im Herzen Sardiniens die Herbstfeste, die Cortes Apertas. Große und kleine Dörfer öffnen ihre Hinterhöfe, zeigen Tradition, Kultur & Leben der vergangenen Jahrhunderte.

Der Winter

Winterlich kühl ist von Mitte Dezember bis Ende Februar. Die Insel ist grün. Das Wetter ist wechselhaft. Sonnige und vom Wind gekühlte Tage, Sturm, Wolkenflug, ab und an Regen im ständigen Wechsel mit strahlendem Sonnenschein und bis zu freundlichen 18 bis 22 Grad. In den Dörfern riecht es nach kuscheligen Holzöfen.

Jetzt ist es wieder die richtige Zeit für wetterfeste Inselentdecker, Wolkenspektakelliebhaber, Strandspaziergänger, Wanderer, Schlemmerer, Genießer, Kaminfeuerduft und der sardischen Waldarbeiter.

Sardinien ist das ganze Jahr eine Reise wert. Ajò in Sardegna, bis bald auf Sardinien ☀️