Spanien 🇪🇸, Jakobsweg Camino Frances

Oktober 2019 – Die Saison ist rum und Pilgern steht auf dem Programm. Mein erster Pilgerweg ist erwählt: Camino Frances der Jakobsweg von Saint-Jean-Pied-de-Port an der französischen Grenze, nach Santiago di Compostela. Es war eine Hardcore Erfahrung für mich, meinen Körper und ganz besonders und meine armen Füsse. Ich die hochzeitplanende Schlappi-Frau, zu Fuß durch Nordspanien auf den Spuren des Heiligen Jacobus.

Hört sich blöd an aber der Weg hatte mich persönlich gerufen, immer wieder mal, lange Jahre. Daran hatte ich keine Zweifel. Und im Sommer 2019, hat er praktisch nach mir geschrien. Gute Zeiten mit meinen Hochzeitspaaren aber privat lief alles ziemlich aus dem Ruder. Ein Cut mußte sein, zur Ruhe kommen, Zeit nur für mich, zum nachdenken, grübeln und um wieder nach Vorne blicken zu können. Im Oktober 2019 war es dann so weit, ich habe mich auf den Weg der Wege gemacht.

Zu Fuß von Sardinien, mit Pilgerpass und viel zu viel Zeugs in einem 13,5 kg schweren Rucksack. Sardinia to Santiago – von Sardinien nach Santiago de Compostela. Und nur mit öffentlichen Verkehrsmitteln, kein Flieger für mich, grüner Fußabdruck und so.

Gefreut, gelacht, geheult, geflucht – aber nach meinen Kindern, das tollste Abenteuer meines Lebens. Der Weg meines Lebens. ¡Buen Camino! 👣

Knapp 1.000 km – der Camino Frances. Die nette Karte gibt es bei Ideas Peregrinas – online

Camino Frances 2019 👣👣

Mein Abenteuer beginnt am 21. Oktober, ich und mein roter Rucksack nehmen die Nachtfähre um 22.00 Uhr von Porto Torres nach Genua. Ankunft dort, früh am nächsten Morgen und direkt weiter mit dem Zug die Küste entlang nach Nizza. Der nächste Umstieg am Bahnhof dort in den Nachtbus nach Bordeaux, wo ich mit dem Sonnenaufgang eintreffe.
Um 9 Uhr geht’s weiter, der nächste Zug nach Gare de Bayonne und nun fahre ich für zwei Stunden durch nordfranzösischen Küstennebel. Leider, denn gerne hätte ich die Landschaft gesehen. Aber irgendwie spiegelt der Nebel den Zustand in meinem Kopf. Auch Bayonne liegt in dickem Nebel, die geplante Mittagspause dort erspare ich mir und nehme sofort den kleinen Bummelzug zum Tagesziel und dem Startpunkt meines Jakobsweges, Saint-Jean-Pied-de-Port, in den französischen Pyrenäen im wilden Baskenland. Mehr über Saint-Jean-Pied-de-Port bei Wikipedia

Saint-Jean-Pied-de-Port

Schon die Fahrt mit dem Bummelzug nach Saint-Jean entführt mich in eine andere Welt. Die wissen warum sie im Zug große Panoramafenster eingebaut haben, denn die Landschaft ist umwerfend schön. Der Nebel verschwindet und stets entlang an einem kleinen glasklaren Fluss, tauche ich ein in diese saftig-grüne Berg– und Hügellandschaft. Wie in einem Märchen empfinde ich dieses Grün, so ganz der Gegensatz zum vertrocknet gelben Sardinien, nach einem langen heißen Sommer.

Im Zug sind nun endlich auch die ersten anderen Pilger zu sehen. Ich bin wohl der einzige Jakobsweg-Newbie, denn die Gesprächsfetzen die ich mitbekomme handeln von vergangen, gelaufenen Jakobswegen. Ich enthalte mich und bestaune weiter diese Traumlandschaft.

Vom Bahnhof in Saint-Jean angekommen folge ich den Profi-Pilgern in den mittelalterlichen Dorfkern, dort habe ich bei Esteban in seinem alten Fachwerkhaus mein schnuckeliges Zimmer mit Prinzessinenbett für die Nacht reserviert. Es ist Mittag, ich habe Hunger und so kehre ich vorher noch im erst Restaurant auf dem Weg dorthin ein. Und hier gibt es dann mein erstes echtes (extrem köstliches) Pilgermenü für 12,– Euro inklusive Getränke. Feine Sache. Es ist der 23.10.2019 – morgen gehts los.

Saint-Jean ist ein sehr sehr niedliches Dorf und absolut einen Besuch wert, gleiches gilt für mein Zimmer bei Esteban. Sein Haus liegt direkt am Jakobsweg und mein Zimmer hat Ausblick auf den Pilgerkrimskramsladen direkt gegenüber, wo ich mir auch den meinen (obligatorischen) Pilgerstock besorge. Das muß sein.

Am Nachmittag steht der Besuch im Pilgerbüro an. Ich werde registriert, bekomme von der freundlichen Dame meinen ersten echten Stempel in meinen Pilgerausweis und allerlei Infomaterial für meinen Weg nach Santiago. Morgen ist der letzte Tag, an dem auch der berüchtigte knapp 1.100 m hohe Ibañeta-Pass, hoch oben in den Bergen der Pyrenäen noch geöffnet ist, die Route Napoleon. Das Wetter wird jetzt Ende Oktober zu unberechenbar und für die Überquerung zu gefährlich. Schon viele Pilger haben sich da oben verirrt und viele ihr Leben gelassen. Ich freu mich, dass ich noch über den Pass laufen darf.

Am Abend besuche ich dann noch die Pilgermesse in der kleinen Kirche Notre-Dame-du-Boût-du-Pont, stecke meine Kerzen und meine Gedanken zu den anderen. Irgendwie kehrt in mir Ruhe ein. Es wird dunkel, ich gehe in meine Unterkunft, falle in mein feudales Bett und schlafe ziemlich schnell ein.

Die Etappen

24.03. Saint-Jean-Pied-de Port nach Ronchesvalles 27 km

Um sechs Uhr morgens weckt mich ein Toc Toc auf der Straße, das auf meinem Weg ein ständiger Begleiter wird. Unter meinem Zimmerfenster wandert der erste Pilger Richtung Ortsausgang. Sein Pilgerstock klackt im Takt seiner Schritte auf dem Kopfsteinpflaster. Ich packe meinen Rucksack und lasse mich in der großen gemütlichen Küche bei Esteban noch mit Kaffee und Frühstück verwöhnen. Danach geht es auch für mich los.

Durch das Dorf, den Berg hinab hole ich mir zuerst bei der Bäckersfrau meinen Proviant. Meine Füsse folgen wie in Trance, dem Kopfsteinpflaster durch das Dorf, dann über den kleinen Fluss Nive und jetzt wird’s ernst. Die Wegzeichen des Jakobsweges tauchen auf. Die Muschelschale und der gelbe Pfeil, sie werden meine Wegzeiger nach Santiago di Compostela, die nächsten 900 km oder so.

Bald steigt der Weg an, stetig. Habe ich die ersten 2 – 3 km noch keine Zweifel, dass ich das alles schaffen werde sinkt mein Mut schon nach dem nächsten Anstieg, der wieder steiler ist als der vorherige. Kurve – Anstieg – Kurve – Anstieg, so wiederholt sich das. Kilometer um Kilometer, gefühlt Meter um Meter. Meine Oberschenkelmuskeln verkrampfen. Hab ich Magnesiumtabletten dabei? Und war es im Tal noch einigermassen erträglich warm, setzt an der Kreuzung zur Passstraße jetzt auch noch Nieselregen ein. Der erste Einsatz für mein Regencape steht an und während ich versuche mir das flott überzuziehen, überholt mich laut schwatzend eine, im Gegensatz zu mir, quicklebendige Pilgertruppe. Ein Pilger ist tatsächlich mit offenen Wandersandalen ohne Socken unterwegs. Luft- und Kraftlos folge ich der Truppe in meinem Schneckentempo hinterher.

Irgendwann auf ca. 900 Höhenmetern und nach gefühlt tausend Kilometern überquere ich am Bentarte-Pass, die Grenze nach Spanien. Pilger überholen mich ständig und nach jeder Kurve folgt wieder ein neuer Anstieg. Das Nervt. Zwei Hirtenhunde ziehen mit einer Schafherde an mir vorbei, nie habe ich so riesige Glocken an den kleinen Tieren gesehen. Meine Finger sind eingefroren und klamm, Bäume gibts hier keine mehr. Es ist zu hoch, es gibt nur noch grüne Wiesen durch die sich der Weg, soweit das Auge reicht, bergauf schlängelt.

Irgendwann hab auch ich den höchsten Punkt überwunden, der Weg ist durch den Nieselregen komplett aufgeweicht und am geschichtsträchtigen Rolandsbrunnen ist das Schlimmste wohl geschafft. Hier muß ich eine immens große Matschpfütze am rechten Rand umgehen, neben mir geht es steil bergab. Mitten in der Pfütze sehe ich aber die Hacke einer Wandersandale aus dem Schlamm ragen und frage mich, wie der Besitzer hier wohl weitergekommen ist. Der Sandalenträger ist aber weit und breit nicht zu sehen ist, er wird eine Lösung gefunden haben.

So steil wie es vorher bergauf ging, geht es jetzt bergab. Die Wiesen werden rar, herbstlich bunte Laubwälder schützen mich jetzt zumindest ein wenig vor dem immer noch nieselnden kalten Nieselregen. Der Weg ist oft rutschig und steil, nicht immer gut gekennzeichnet und jetzt endlich der erste Mal an diesem Tag hole ich ein paar Pilgerinnen ein. Für den weiteren Abstieg schließe ich mich gerne an, denn es tut gut ein wenig zu reden. Alle sind ziemlich kaputt, meine Beine zittern und sind so kraftlos wie nie. Nach irgendeiner Biegung dann, sehen wir das Ziel des Tages, die Klosteranlage von Roncesvalles. Im Jahr 1132 durch den Bischof von Pamplona gegründet, war ist sie immer schon wichtige Station zur Einkehr für die müden Pilger. Die Anlage ist toll renoviert und trotz der imposanten Größe gut geheizt und kuschelig warm.

Ich bekomme von den netten Gastgebern ein Bett im Schlafsaal zugewiesen um 22.00 Uhr ist Zapfenstreich. Ich genehmige mir eine heiße Dusche und beziehe meine Koje. Danach ein mässig gutes Abendessen. Doch der krönende Abschluss des Tages ist die Pilgermesse in der Iglesia Colegial de Santa María, im Anschluß eine Führung durch die prächtige Kirche, die Katakomben und die Klosteranlage durch einen sehr netten Klosterbruder, der uns die wunderbare Akustik im Königsgrab singend vorführt.

Zurück im Schlafsaal zähle und versorge noch die Blasen an meinen armen Füssen, wie erschlagen falle ich in einen tiefen Schlaf. Buona notte.

Man sagt, der erste Tag auf dem Jakobsweg beginnt wie das Leben: Man wird schmerzlich hinein geboren.

Fortsetzung folgt..

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Spanien, Sevilla 🇪🇸

Ich sitze am Ufer des Flusses mit dem für mich unaussprechlichen Namen: Guadalquivir. Am Nachmittag liegt die Seite des Stadtteils Triana im Schatten und bin tatsächlich froh noch nicht auf der Via de la Plata, meinem Pilgerweg zu sein. Nach all den Jahren gemütlichem sardischen Landleben habe ich mir ein paar Tage quirlige Stadt angetan und streife zu Fuß durch das schöne Sevilla.

In Sevilla startet einer der schönsten Pilgerwege Europas: die Via del la Plata. Eine alte Römerstraße die von Cadiz über Sevilia bis nach Santiago die Compostela durch einige sehenswerte spanische Städte führt. Sie ist eine, wenn nicht DIE große Kulturstrasse Europas und heute ist mein vierter Tag in Sevilla.

Es ist Anfang Oktober und heute ist das Thermometer auf über 34° gestiegen, ich mag die große Hitze nicht, bin froh dass ich mich nicht auf dem Weg bin. So genieße ich meine Auszeit mit Stadtbummel, leckerem Essen und jetzt ein paar Churros, die ich mir auf dem Weg zum Fluss gekauft hatte. Ein Spritzgebäck aus Brandteig, das wird hier an vielen Ecken frisch gemacht.

Sevilla

Die Hauptstadt Andalusiens soll eine der schönsten Städte der Welt sein. Da ich nicht viele Städte kenne und ich eigentlich auch kein Fan der Städte bin, ist Sevilla eine positive Überraschung. Viel grün und Bäume, wenig Autos in der Innenstadt, dafür mehr Fußgänger, Fahrräder, Roller und Pferdekutschen. Entsprechend wenig stinkt es nach Abgasen. Das ist sehr erfreulich.

Vor meiner Reise habe ich in den Karten gestöbert und gesehen, dass sich hier eine Sehenswürdigkeit an die andere reiht, Museen, Kirchen, Parks und Schlösser. Also werde ich viele nette Dinge entdecken können. Außerdem hab ich vom Weg vom Bahnhof zum Hostel viele Bars und Restaurants entdeckt. Für das leibliche Wohl ist also auch gesorgt.

Bis ins letzte Detail exakt Planen ist in meinem Job als Wedding Planerin ja unumgänglich, also vermeide das im Urlaub. Es nervt mich und so lasse ich mich in meine Tage hier treiben. Losziehen, wohin mich meine Füße tragen.

Die Kathedrale von Sevilla

Tag 1 – Kathedrale, Giralda und Alcazar

Direkt am ersten Tag führt mich mein Weg auf dem Platz der großen Kathedrale von Sevilla, daneben La Giralda, dem Glockenturm. Direkt in der Nähe, an einer imposanten Steinmauer und die Puerta del Leon der Eingang in den Real Alcazar, dem Königspalast im maurischen Stil. Jetzt im Oktober und zur ersten Öffnungszeit um 9.30 Uhr ist nicht viel los.

Märchenhafte Gärten, große und kleine Innenhöfe, mit Mosaiken, Gold und Silber verzierte Säle. Ja, das hat sich gelohnt. Gegen 11 wird es voll und ich flüchte. Infos und Tickets auf der offiziellen Webseite:

Fortsetzung folgt… 😍🚶🏼‍♀️


Deutschland, Ostfriesland

August 2021, Sardinien ist voll, viel zu voll dieses Jahr. Es scheint als wäre die ganze Welt unterwegs, um sich auf Sardinien in den Ferien zu vereinen. Die Fähren die morgens in Olbia landen, haben bis unter das Schiffsdach frischen Touristen an Bord. Wie Sardinien, quellen und schwappen sie aus den Schiffsrümpfen in die Straßen. Die Strände meiner Lieblingsinsel sind über und über besetzt, mit Menschen, Sonnenschirmen, Liegen und Badehandtüchern. Jeder Quadratzentimeter wird genutzt, ein Handtuch neben dem anderen. Ich flüchte: nach Ostfriesland.

Wieder ist es Hochsaison und wieder ist es schrecklich. Auf dem ansonsten traumhaft sauberen Meerwasser, an den schönen ex-sauberen Stränden an der Costa Smeralda, schwimmt jetzt ein öliger Film. Ein Mix aus Sonnencreme, Bootsöl und dem Abwasser der Superyachten, die eine neben der anderen in den Buchten parken. Die Läden sind voll mit lauten, badebeschlappten Menschen in knapper Strandkleidung. Auf den Straßen kloppen sich Touristen um den besten Platz im Stau. Ein unglaublicher fast unbeschreiblicher Horror für all diejenigen, die das besonnene Inselleben des restlichen Jahres kennen und lieben.

Sardinien ist und war im August schon immer Ausnahmezustand. Teils verständlich, denn die Italiener haben nun einmal nur im August die Möglichkeit den wohlverdienten Jahresurlaub zu nehmen. Rund um den 15. August (FerragostoMaria Himmelfahrt) heißt es in der italienischen Arbeitswelt: alles zu, Firmen zu, Schulen zu und die Behörden arbeiten nur im Notbetrieb. Ist es jedes Jahr schon voll, dieses Corona Jahr ist noch mal voller. Schon Mitte Juli hat sich das angebahnt, so viele Menschen mehr als sonst. Ich wage mich noch nicht einmal mehr an den Strand, der ist ein bisschen eklig gerade, schmutzig und laut. Mitte August gebe ich auf, ich ertrage das nicht mehr, packe mein Auto, den Hund, drücke die Cats meiner herzallerliebsten Nachbarin zur Verpflegung auf’s Auge und mache mich auf den Weg in die alte Heimat. Good old Germany – Sardinia to Ostfriesland. Nie zog es mich mehr zurück. Jetzt ist die Zeit, die Familie zu besuchen, Matjes essen, überhaupt gutes Deutsches Zeug essen, im grünen Gras im Regen stehen, alles in der Hoffnung auf weniger Menschen.

Mein Reisebericht

Ich nehme die Nachtfähre von Olbia nach Genua. Am nächsten Tag dann weiter Richtung Schweiz und immer weiter hinauf Richtung Norden. Von Genua in Richtung Schweiz läuft alles gut an. In zweieinhalb Stunden, vorbei an Mailand erreichen wir die Grenze. Doch statt hier dem klugen Rat meiner Freundin Bärbel zu folgen und die Route über den San Bernardino zu nehmen (etwas länger), fahre ich Richtung Gotthard Tunnel. Fehler, Fehler, Fehler, wie doof von mir, denn statt der gemütlichen Fahrt durch imposante Berge, zwischen Wasserfällen und klaren Bergfüssen, beglücken die Eidgenossen die Durchfahrenden zuerst mit 40 Euro Autobahngebühr und im Anschluß mit Pausen, Zwangspausen. Denn in Richtung Gotthard gibt es alle paar Kilometer Ampeln auf der Autobahn, ja Ampeln!! So wird der bis dahin flüssig laufende Verkehr erst zähfliessend, um wenig später ganz zum Stillstand zu kommen. Stau, immer wieder Stau vor irgendeiner Ampel, auf der gesamten Strecke bis hinter den Tunnel. Unter heißer Schweizer Sonne benötigen wir so für 270 Fahrtkilometer ziemlich genau 6 Stunden. In Zukunft höre ich auf Bärbel.

Dann irgendwann sind wir doch in Deutschland. Haben sehr viel Zeit verloren, können aber jetzt ein wenig aufholen. Bis Mönchengladbach zur kleinen Schwester geht es heute. Pause und morgen dann weiter.

Moers

Nach einer guten Nacht geht es erst mal nach Moers. Als Kind war ich oft in Moers. Mit den Großeltern bei einer Tante in ihrer stillen Wohnung zu Kaffee und Kuchen. Moers hatte ich wohl deshalb irgendwie Trist in Erinnerung. Kleine geduckte graue Häuser, eine kleine Wohnung in der die Wanduhr langsam tickte, in der die Nachmittage nie vergingen weil die Zeit stillzustehen schien. Die Stadt habe ich damals nie gesehen.

Auf meiner Weiterreise in den hohen Norden, der nächste Familiengruß bei meiner Cousine und Moers überrascht mich: das Städtchen ist wirklich nett, hat eine zuckersüße Innenstadt. Eine nette Piazza, niedliche Geschäfte, schön renovierte Häuser und dann eben noch diese irische Bar. Neben einer tollen Speisekarte probiere ich heute das erste mal Fish und Chips. Lecker. Der Fisch ist superfrisch, die Chips knackig, die Saucen allerfeinst. Eine tolle Überraschung. Gestärkt gehts weiter in den Norden.

Tipp ➡️ The Fiddlers Irish Pub, Kastell 1, Moers

Westoverledigen

Kennt hier sonstnochwer Westoverledigen? Die Gemeinde steht als nächste Etappe auf meinem Reiseprogramm. Hoch im Norden, fast an der Nordsee und mein Ziel für ein paar Tage Auszeit. Ich freue mich, denn viele Jahre sind ins Land gegangen, seit ich Tanten und Onkels, Cousinen und Cousins das letzte Mal gesehen habe.

Westoverledingen ist eine kleine, knapp 22.000 Einwohner starke Gemeinde zwischen Leer und Papenburg im platten Land, Ostfriesland. Im Westen begrenzt vom Fluss Ems und im Norden von der Leda sind wir hier eine knappe halbe Stunde vom Meer, der Nordsee weg. Ich mochte schon als Kind hier alles. Hübsche rote Backsteinhäuser, viel Land um alten Bauernhäuschen, die klein und geduckt einen sehr gemütlichen Eindruck machen. Vor 22 Jahren war ich das letzte mal hier und viele neue Häuser sind dazugekommen. Trotzdem ist es immer noch gemütlich und ruhig. So sehr genieße ich das, das sattgrüne Land, seine gepflasterten schnurgeraden Alleen und Rehe, die frühmorgens von einem Feld ins nächste wechseln. Das Wetter ist Göttlich, die ersten Tage echtes friesisches Schietwetter: Nieselregen, Wolken aber um die 20 Grad. Nach so vielen Jahren unter heißer Mittelmeersonne ist das eine tolle Abwechslung.

Mein Programm für die nächsten Tage klein, knackig und schwerpunktmäßig auch langvermisste Leckereien ausgelegt: Frischer Matjes mit Zwiebeln, Fisch überhaupt, Krabben, Frikadellen & Hausmannskost bei Lukkies. Ach ja, das Meer sehen auch.

Greetsiel – Tag 2

Der Tag ist wolkenverhangen und ein feiner Regen nieselt ab und an aus den grauen Wolken. Der erste Ausflug ist Pflichtprogramm, die Nordsee muß es sein. Wir fahren in das malerische Städtchen Greetsiel. Das Wetter hat nicht viele verschreckt. Es ist ziemlich viel los (aber kein Vergleich mit Sardinien), Menschen, Hunde, Camper und Kinder die im Bollerwagen durch die Gassen gezogen werden. Kleine und große Backsteinhäuser und Häuschen aus dem 18. Jahrhundert, alles total entzückend. Bunte Fischerboote im Hafen, Eisdielen, Restaurants, Mitbringselshops, Bars und Kneipen an der Promenade auf der Menschen Richtung Deich flanieren oder radeln.

Tipp ➡️ fangfrischer und geräucherter Fisch, frisch gepulte Nordseekrabben: Fischverkauf & Verköstigung Fischrestaurant de Beer etwas außerhalb von Greetsiel.

Norddeich – Tag 3

Noch mehr Meer am nächsten Tag. Ich wollte Watt und ein mal wieder im Wattschlamm stehen, die Ebbe sehen. Aber wir sind zu spät dran. Als wir in Norddeich ankommen ist mit uns auch die Flut aufgelaufen. Hier gehen jetzt die Fähren nach Norderney und so sind auch hier wieder einiges los. Die Promenade wird derzeit renoviert und scheint nett zu werden. So schließen uns dem Strom der Touristen in Laufrichtung an und folgen der Strandpromenade, die wenig Strand dafür mehr Beton hat. Schade, aber die Nordsee ist wild und das Land von der Natur geborgt. Der Küstenschutz für die Menschen hier wichtig. Am Ende finde ich doch noch ein kleines Stückchen Watt für mich. Schuhe aus und rein. Beim nächsten mal, im nächsten Jahr steht eine Wattwanderung auf dem Programm, für meine Bucket List.

Bei Kaffee und Kakao genießen wir dann noch das Treiben der Menschen, die dunklen Wolken, die Möwen und das Wetter im Haus des Gastes.

Papenburg – Tag 5

Am vierten Tag lässt sich nun auch in Ostfriesland wieder mal die Sonne blicken. Wir radeln heute. Ostfriesland ist Land der Fahrräder, unübersehbar. Fast alles radelt, ohne und mit e-Unterstützung. Fahrradwege gibts überall. Von Westoverledingen fahren wir durch Felder, Alleen, Wiesen, Parks und Wälder Papenburg entgegen, mein Cousin führt zackig unsere Truppe an, ich verliere die Orientierung. Bei der bekannten Meyer Werft, bin ich wieder dabei.

Die Meyer Werft ist, mitten im Land, eigenartigerweise eine der großen Schiffswerften der Welt. Werden dort, nach monatelanger Bauzeit die fertigen Ozeanriesen über die Ems in das Meer überführt, gibts Konzert und viel TamTam und viel Spektakel. Tausende Besucher stehen dann auf dem Deich am Fluss und bestaunen die Zentimeterarbeit von Kapitän und Begleitbooten. Mit Kussmund und blauen Augen steht jetzt die, die fast fertige Aida Cosma in der Werft und wartet auf ihre erste Kreuzfahrt in eines der Meere dieser Welt. Für Besucher gibt es interessante Werftbesichtigungen, die Termine könnten auf der Internetseite gebucht werden.

Werftbesichtigung, Info’s und Überführungsdaten findet Ihr auf der Webseite der Meyer Werft

Für uns gehts weiter mit dem Rad, bis zum Weiher des Stadtparks von Papenburg. In der Sonne genießen wir ein alkoholfreies Radler und beobachten Menschen und Wasservögel.

Abends gibt es Krabbensalat aus Nordseekrabben, die eigentlich keine Krabben, sondern Garnelen sind (hier darf man sie aber so nennen). Der Salat, made by Lukki ist lecker lecker und schmeckt wie früher. Viele Tausend Tonnen Krabben werden jährlich aus der Nordsee gefischt und noch an Bord der Kutter gekocht. Die meisten gehen danach zur Weiterverarbeitung (das pulen, also dem schälen) ins Ausland um wieder importiert zu werden. Was für ein heilloser Quatsch aber keiner will den Job mehr tun. Wir achten darauf, uns in der Heimat gepulte Krabben zu besorgen.

Tja, Tag 6 nun geht’s zurück für mich. Deshalb schließe ich hier meinen kleinen Bericht. Ich bin mir sicher, dass ich den sardischen August im nächsten Jahr auf jeden Fall woanders verbringe und Westoverledingen in Ostfriesland ist eine Etappe für meine Sommerpause von Sardinien.

Ich wünsch Euch was..

Eure Anja

Noch ein paar Tipps zum Radeln in Ostfriesland.

Radfahren in Ostfriesland

Ostfriesland hat auf über 3.500 km ein tolles Radwegenetz ausgearbeitet. Fünf Themenrouten laden zu Mehrtagestouren ein.

  • Ammerlandroute
  • Deutsche Fehnroute 
  • Friesenroute Rad up Pad 
  • Internationale Dollard Route 
  • Tour de Fries

Die Mehrtages oder auch Tagestouren könnt Ihr auf der Seite Ostfriesland.travel downloaden, oder ausarbeiten. Auch gibt es dort eine App, die Euch durch das platte Land führt. Wer es lieber auf Papier mag, kann beim ADFC eine Tourenkarte ordern.

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